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Fakultät Sozialwissenschaften

Robotic workstation in harsh environmental conditions to improve safety in the steel industry (ROBOHARSH)

01.10.2016 - 30.06.2019

ROBOHARSH kombiniert technologische Innovation mit einem sozialen Innovationsprozess. Ziel ist die Entwicklung und Installierung einer Roboterstation in der Stahlproduktion, die das technische Personal in einem gefährlichen Bereich der Stahlschmelze unterstützen und entlasten soll.

European Union – Research Fund Coal and Steel (RFCS)

Das Ziel von ROBOHARSH besteht darin, anhand einer realen Installation zu demonstrieren, dass die Arbeitssicherheit von Arbeitenden im Stahlwerk verbessert werden kann, wenn eine industriell nutzbare Roboterzelle das technische Personal bei der Instandhaltung von Pfannenschiebern unterstützt, indem menschliche Interventionen bei schwierigen und potenziell gefährlichen Operationen ersetzt werden. Diese Robotikanwendung unterscheidet sich maßgeblich von bisher in der Stahlindustrie bekannten Anwendungen, da der Ansatz einer symbiotischen Mensch-Roboter-Kooperation realisiert wird, um komplexe Aufgaben unter harschen Umgebungsbedingungen zu beherrschen.

Das übergeordnete Ziel des Projektes besteht darin, eine robotergestützte Arbeitsstation zu entwickeln, in der menschliche Anwender und ein Industrieroboter aktiv zusammenarbeiten, um die meisten der anstehenden Instandhaltungstätigkeiten am Pfannenschieber zu bewältigen. Im Einzelnen werden folgende Ziele verfolgt:

  • Entwicklung einer vollständigen Zelle mit einem Industrieroboter, der in der Lage ist, sicher mit einem menschlichen Anwender zu interagieren, indem der Roboter den Anwender in den schwierigsten Instandhaltungstätigkeiten am Pfannenschieber unterstützt;
  • Entwicklung eines Sichtsystems, das auch unter den harschen Umweltbedingungen des Stahlwerks anwendbar ist und den Roboter kontrollieren hilft. Dies geschieht, indem das System die Informationen zur Verfügung stellt, die benötigt werden, um die Aufgabe zu erledigen und um zu gewährleisten, dass die Anwender immer einen vollständigen Überblick über alle Aktivitäten haben;
  • Tiefenstudie der Ergonomie am Arbeitsplatz durch Modellierung, Simulation und durch Methodiken zur Ergonomiebewertung, um die Interaktion zwischen Anwender und Roboter nicht nur sicher, sondern auch einfach und natürlich zu gestalten;
  • Entwicklung eines Vorgehens für ein Ad-hoc-Training für das Personal, das in der (Roboter-) Zelle tätig ist. Dabei geht es nicht nur darum, die Anwendungsprozeduren richtig zu erlernen, sondern auch um motivationale Aspekte. Daher stellt das Training auch einen Weg zur Re-qualifizierung dar, der darauf abzielt, die Fähigkeiten und Fertigkeiten der beteiligten Anwender zu verbessern;
  • Tiefenstudie der sozialen und psychologischen Aspekte einer symbiotischen Mensch-Roboter-Interaktion in einer Umgebung, die sich deutlich von dem unterscheidet, was üblicherweise in der Fertigungsindustrie vorzufinden ist.
  • Scuola Superiore Sant'Anna (SSSA)
  • Polytec s.r.l. (POLYTEC)
  • ILVA Spa
  • Technische Universität Dortmund - Sozial­forschungs­stelle (TUDO)
  • PSC Automatizari si Instalatii SRL

Die Entwicklung einer robotergestützten Arbeitsstation wird über die Definition der Systemvoraussetzungen und Erstellung einer Liste der Operationen, die vom Roboter übernommen werden können, begonnen. Danach werden Design und besondere Anforderungen dieser Applikation sowie Kontroll- und Monitoring-Routinen entwickelt. Nach der Integration der Arbeitsstation in den Produktionsprozess werden Test, Validierungen und Anpassungen vorgenommen.
Zentral ist die Integration der technologischen Entwicklung in einen sozialen Innovationsprozess, der von Beginn an die relevanten Akteure und Bereiche integriert (Produktionsprozess, Management, Organisations- und Personalentwicklung). Soziale Aspekte wie Qualifikations- und Arbeitsveränderungen sowie die abschließende Evaluation und Bewertung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Systems, auch und gerade im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit bilden den Abschluss des Projektes. 

Schaubild des methodischen Ansatzes, in fünf Arbeitspaketen dargestellt © sfs

Der methodische Ansatz von ROBOHARSH fokussiert auf die Kombination von technologischen Innovationen mit einem sozialen Innovationsprozess, der nicht nur die technologische Perspektive auf Innovationen einnimmt, sondern auch die Perspektive von Endnutzern/Anwendern einbezieht, die in einen Co-Creation Prozess eingeht. Zudem erfolgt von Anfang an eine Bewertung der sozialen Auswirkungen von Innovationen. Das gesamte Arbeitsprogramm ist in fünf Arbeitspakete unterteilt:

 

Arbeitspaket 1 Systemspezifikationen: Definition der grundsätzlichen Anforderungen an die robotergestützte Arbeitsstation, indem die ausgewählte Anwendung und die Arbeitsumgebung einbezogen werden. Eine Modellierungs- und Simulationsstudie wird auch die Ergonomie der Arbeitsposition untersuchen. Eine Liste quantitativer Key Performance Indicators (KPI) wird erarbeitet, um die Validität des entwickelten Systems und dessen Vorteile im Vergleich zur bisherigen manuellen Praxis zu bewerten.

Arbeitspaket 2 Design und Konstruktion der Roboterzelle: In diesem Arbeitspaket wird die Roboterzelle vollständig designt und realisiert – inklusive der Endeffektoren (Werkzeuge und Greifer), die ad-hoc für spezifische Aufgaben designt werden. Das gesamte System (inkl. dem Sichtsystem) wird in der POLYTEC-Fabrik integriert und vorläufig getestet, während das Personal des Stahlwerks, das dem Feldtest folgen wird, Trainings durchläuft. Zur gleichen Zeit wird die betriebliche Umgebung im Stahlwerk für die Installation der Roboterzelle vorbereitet. Instandhaltungsthemen sollen in diesem Stadium als integraler Bestandteil der Systemzuverlässigkeit einbezogen werden.

Arbeitspaket 3 Entwicklung des Sichtsystems: Das Sichtsystem, mit dem die Roboterzelle ausgestattet wird, wird in allen Komponenten entwickelt und das Steuerungssystem des Roboters wird zu diesem Zweck angepasst. Auch ein lokales Überwachungssystem sowie ein Fernüberwachungssystem werden hier entwickelt, um die Überwachung der Roboterzelle durch das lokale technische Personal und durch die Entwickler von ihren jeweiligen Räumlichkeiten aus zu überwachen. Dies dient einer kontinuierlichen Leistungsüberwachung, Funktionstests und einer leichten wie schnellen Problembehebung, v.a. in der Feldtestphase. Dieses Arbeitspaket wird parallel mit Arbeitspaket 2 entwickelt, da das Sicht- und das Überwachungssystem in die Roboterzelle integriert werden müssen, die während der finalen Aufgaben von Arbeitspaket 2 montiert und vorläufig getestet wird.

Arbeitspaket 4 Systemintegration und Feldtest: Die roboterunterstützte Arbeitsstation wird installiert und im Feld getestet. Diese Testphase kann in zwei Teilphasen untergliedert werden, entsprechend der 2-Ebenen-Liste von Aufgaben in Arbeitspaket 1. Insbesondere die ersten Tests zielen darauf ab, die Robustheit und der Zuverlässigkeit des Systems vorläufig zu verifizieren. Dies erfolgt durch Ausführung der ersten Sub-Liste von Aufgaben, während die zweite Testserie darauf abzielt, die vollständige Betriebsfähigkeit der Roboterzelle zu bewerten und zu gewährleisten – auch im Hinblick auf die zweite Aufgabenliste, die in Arbeitspaket 1 beschrieben wurde. ILVA wird die Roboterzelle in seinem eigenen Stahlwerk installieren. Eine bedeutende Rolle in diesem Arbeitspaket spielt die Untersuchung der sozialen Aspekte der Einführung der Roboterzelle in diesem besonderen beruflichen Umfeld. Der besondere Aspekt dieser Roboteranwendung liegt in der weitgehenden Kooperation zwischen Anwender und Roboter sowie in der Mensch-Maschine-Schnittstelle, die so zu entwickeln ist, dass Anwender ihre Erfahrung, Sensitivität und Steuerungsfähigkeit nutzen können, um die Roboteraktivitäten steuern zu können. Dies ist absolut notwendig, um die komplexen und nicht-repetitiven Vorgänge zu vollziehen, die bei der Ersetzung eines Pfannenschiebers erforderlich sind. Daher wird die Systemleistung nicht nur anhand technischer Bedingungen bewertet; vielmehr wird auch die Akzeptanz durch die Anwender einbezogen (v.a. im Hinblick auf die Wahrnehmung der eigenen beruflichen Rolle, auf den Zuwachs an Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie im Hinblick auf andere berufliche Aspekte). Die soziologische Analyse wird die Entwicklung von Trainingskursen für das technische Personal unterstützen, das die roboterunterstützte Zelle betreiben soll. Eine abschließende Bewertung wird auch die Auswertung anhand von KPI einschließen, die in Arbeitspaket 1 definiert sind. Sie umfassen die Quantifizierung fundamentaler Aspekte wie die verbesserte Arbeitssicherheit für Mitarbeitende, die Reduzierung von Arbeitsunfällen sowie die Zuverlässigkeit der Pfannenschieber.

Arbeitspaket 5 Koordination und Berichte: Dieses Arbeitspaket ist eine Querschnittsaufgabe und ist dem Berichten und Koordinieren der Forschungsaktivitäten gewidmet.