Sozialwissenschaftliche Begleitforschung zum Projekt Industrie 4.0 „Factory of the Future“
Forschungsbereich Innovation und Bildung in der digitalen Gesellschaft | Dr. Michael Kohlgrüber | Dr. Tobias Wienzek
Die Sozial­forschungs­stelle Dortmund wurde damit beauftragt, die Begleitforschung zu Digitalisierungsprojekten, wie sie in der Gesamtbetriebsvereinbarung definiert werden, zu realisieren.
Airbus Operations GmbH
Bei der Airbus Operations GmbH werden derzeit eine Vielzahl von Projekten zur Digitalisierung von Prozessen im Unternehmen realisiert. Sie umfassen ein weites Spektrum von Aktivitäten, die im Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung (ZAL, bei HR 4.0, an den Standorten und darüber hinaus) stattfinden. Ein sehr großer Teil dieser Projekte ist mitbestimmungspflichtig im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (§ 87.6). Um die Zusammenarbeit von Projektbeteiligten und Gesamtbetriebsrat (GBR) möglichst konstruktiv und zielführend zu gestalten, wurde am 22.02.2017 die Gesamtbetriebsvereinbarung zur Umsetzung aller Industrie 4.0 Projekte (insbes. zum Projekt „Factory of the Future“) geschlossen. Sie sieht u.a. vor, dass der Gesamtbetriebsrat 4.0 nicht erst im formalen Kontext des Betriebsverfassungsgesetzes eingebunden wird, sondern bereits im Vorfeld Fragen klären, Anforderungen formulieren und eigene Vorschläge einbringen kann. Ziel ist es, dass digitale Lösungen sowohl Prozessverbesserungen ermöglichen als auch zur Verbesserung von Beschäftigungssituation und Arbeitsbedingungen führen. Daran ist nicht nur der Gesamtbetriebsrat 4.0 interessiert, sondern auch HR 4.0 – insofern besteht hier eine unmittelbare Schnittstelle zwischen Personen/Funktionen, die klassisch der „Arbeitgeberseite“ und der „Arbeitnehmerseite“ zuzuordnen sind.
In diesem Kontext wurde die Sozialforschungsstelle der Technischen Universität Dortmund damit beauftragt, die sozialwissenschaftliche Begleitforschung zu Digitalisierungsprojekten, wie sie in der Gesamtbetriebsvereinbarung definiert werden, zu realisieren. Ursprünglich vom Gesamtbetriebsrat angefragt, stellt die TU Dortmund auch HR 4.0 sowie vereinzelt auch Projekten im ZAL ihre Expertise zur Verfügung.
Das Ziel der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung bei Airbus Operations ist die Stärkung der Orientierungsfähigkeit, Handlungskompetenz und Handlungssicherheit des Gesamtbetriebsrates bei der Entwicklung wirksamer Strategien, Konzepte und Maßnahmen zur partizipationsbasierten Realisierung Guter Arbeit im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens (bezogen auf die deutschen Standorte). Im Vordergrund steht die Abstimmung zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberseite (in Form des Projektes HR 4.0). Ziel ist es, gemeinsame Lösungen zu entwickeln, die einerseits jenseits formeller Verhandlungsprozesse entwickelt werden können, andererseits aber auch unter Berücksichtigung vorhandener Prozesse der Gremienarbeit zustande kommen.
Die sozialwissenschaftliche Begleitforschung der Sozialforschungsstelle (ZWE der TU Dortmund) basiert auf der engen Verbindung von Fachimpulsen und partizipationsorientierter Prozessbegleitung. Sie rekurriert auf aktuelle Erkenntnisse sozialwissenschaftlicher Arbeitsforschung (insbesondere Arbeitsorganisation, Qualifikation, Gesundheit) und sensibilisiert für die Beachtung zentraler Parameter und Gestaltungsanforderungen an Gute Arbeit 4.0 im Zuge der Einführung von 4.0- Instrumenten und -Technologien. Die Begleitforschung stellt ein breites Repertoire an sozial- bzw. arbeitswissenschaftlichen Konzepten und Bewertungsansätzen bereit.
Diese Konzepte werden fallweise pragmatisch ausgewählt bzw. angepasst und als Orientierungswissen in die verschiedenen Handlungskontexte eingespeist. Auch die Erarbeitung konkreter Fachimpulse (Stellungnahmen, Empfehlungen, Dossiers, Präsentationen) erfolgt gegenstands- und anforderungsabhängig. Dabei handelt es sich allerdings in der Regel nicht um Begutachtungen fertiger Konzepte, sondern um zielgruppenadäquate Inputs, Anregungen und Hinweise in laufende Diskussions- und Entwicklungszusammenhänge, die dort mit dem Erfahrungswissen, den Perspektiven und Anforderungen der Beteiligten in gemeinsamen Reflexions- und Lernprozessen zusammenfließen.
Die Begleitforschung der TU Dortmund folgt den Grundsätzen moderner Technikfolgenabschätzung und -gestaltung auf Basis von partizipationsbasierter Reflexion. Die Organisation dieser Reflexions- und Lernprozesse im Kreis von Betriebsräten und Mitgliedern des Projektes HR 4.0 sowie im Kontext seiner zentralen Handlungsfelder werden durch die Begleitforschung unterstützt. Diese Form der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung setzt eine Mitwirkung in ausgewählten Gremien, laufenden (Teil-)Projekten und Arbeitsgruppen voraus.