Neues Forschungsprojekt der sfs untersucht die Entwicklung von Nähe über Distanz in Selbsthilfenetzwerken
Unter der Leitung der sfs arbeiten im BMBF-geförderten Projekt DepriBuddy Partner aus Wissenschaft und Praxis eng zusammen. Aufbauend auf den durch den Lehrstuhl Gesundheit und Prävention der Universität Greifswald sowie die sfs empirisch erschlossenen Bedürfnissen der Zielgruppe entwickeln Rocket Apes als Softwarepartner über einen Zeitraum von drei Jahren eine App, die den Nutzer*innen neue Ebenen der Verbundenheit in einem geschützten Raum erschließt.
Dabei sollen Nähe-generierende Strategien und Eigenschaften verschiedener sozial verbindender Medien – Social-Media-Netzwerke, Media-Sharing-Plattformen, ASMR-Videos, Virtual Walks, Multiplayer-Games und Selbsthilfe-Apps – miteinander kombiniert werden, um deren jeweilige Stärken hinsichtlich des Aufbaus, des Erhalts und der Festigung von Verbundenheit und Nähe zu nutzen. Es soll ein niedrigschwelliges Angebot mit hoher Nutzer*innenbindung geschaffen werden, das zur Vernetzung und Unterstützung insbesondere kleinerer Personengruppen geeignet, sowie spezifisch auf Bedarfe von Selbsthilfenetzwerken depressionserkrankter und psychisch herausgeforderter Menschen zugeschnitten ist.
Die Angebote in der App werden darauf ausgerichtet, auf verschiedene Weisen ein Gefühl sozialen Zusammenhalts und aktiver Unterstützung herzustellen – durch die Förderung des intersubjektiven Austauschs über geteilte Medieninhalte, teletaktile Ästhetiken, die Synchronisation von Zeit- und Raumerleben, gemeinsame, virtuelle, multisensorische Erlebnisse und Mini-Games, kooperative Vorhaben und kreative Kunstprojekte. Die Integration von motivationalen Strategien und moderierten Inhalten aus dem Bereich der Sozialen Kunst soll dabei aktivierend wirken.
Die Diversität und Interaktivität der Angebote, sowie bestimmte Engagement-fördernde Elemente wie Push-Nachrichten mit Erinnerungen und Einladungen, Gamifizierung, aber auch das Erzeugen interpersonaler Verbindlichkeiten (Matching- und Buddy-System) machen dabei eine langfristige Nutzer*innenbindung wahrscheinlicher, und die Interaktion kann ohne Öffentlichkeitsdruck in dem geschützten Raum einer Selbsthilfe-Community stattfinden, was einer Stärkung der Beziehungsgeflechte zugutekommt.
Die Erkenntnisse über medialisierte Nähe und Nutzer*innenerfahrung sowie über wirksame Designästhetiken und Nutzungsmodalitäten einerseits, und die technische Ent- und Weiterentwicklung der App andererseits werden in wechselseitiger Qualitätssicherung und Präzisierung miteinander verbunden, indem das Projekt nach der Methode des Design Thinkings mit insgesamt vier Rückkopplungsschleifen geplant ist. Die ständige Zusammenarbeit mit den User*innen der für das Projekt gewonnenen Selbsthilfenetzwerke stellt dabei die Entwicklung des Angebotes entlang ihrer Bedarfe sicher und fördert die Wirksamkeit der durch die App angebotenen Verbindungsmöglichkeiten.
Zugleich wird so ein klar umgrenzter Gegenstands- und Phänomenbereich geschaffen, in welchem Technikentwicklung mit soziologischer, medienwissenschaftlicher und psychologischer Forschung verzahnt werden kann. So sollen die Funktionsweisen mediengestützter Verbundenheit hinsichtlich der benötigten technisch-ästhetischen Gestaltungsweisen, Nutzungsmodalitäten und psychophysischen Wirkpotenziale umfassend verstehbar, modellhaft darstellbar und übertragbar gemacht und zum Wissens- und Forschungsstand hinsichtlich medialisierter Affiliationsprozesse der beteiligten Disziplinen ins Verhältnis gesetzt werden.
Die sfs bringt dabei schwerpunktmäßig die medien- und sozialwissenschaftlichen Perspektiven in das Projekt ein, übernimmt die Projektleitung und die Aufbereitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse für den Transfer.
Weitere Informationen über das Projekt DepriBuddy